15 Sekunden Regel (Musik) – Urheberrechtsreform | Was gilt?

15 Sekunden Regel Musik Urheberrecht

Seit 2021 gelten die neuen Reformen des Urheberrechts. Ein wichtiger Bestandteil ist die “15 Sekunden Regel”, die die Nutzung von Musik, Videos und Bildern auf Plattformen mit nutzergenierten Inhalten erlaubt. Alles Wichtige dazu erfährst Du im folgenden Beitrag.

Als Musikproduzent und Komponist habe ich mich in den letzten Jahren intensiv mit den Themen Urheberrecht und der Produktion von GEMAfreier Musik auseinandergesetzt. Dabei sind viele Fragen aufgetreten. Z. B.: Wie ist das mit der Musiknutzung in Videos oder im Social Media Bereich (Instagram, TikTok, Stream oder YouTube) geregelt? Im Folgenden möchte ich auf die wichtigsten Eckpunkte der 15 Sekunden Regel eingehen, was genau erlaubt ist und was nicht?

Ein kurzer Disclaimer: Ich bin weder Rechtsexperte noch ein Anwalt für Medienrecht. Bei einem konkreten Fall zum Urheberrecht empfehle ich eine fachliche Beratung in Anspruch zu nehmen.

Warum eine Reform?

Das Urheberrecht in seiner Ursprungsform ist bereits mehrere Jahrhunderte alt. Werke zu vervielfältigen und zu verbreiten oblag nur wenigen. Mit dem Internet und den damit einhergehenden neuen Technologien zur Veröffentlichung, stieß das Urheberrecht schnell an seine Grenzen. Das hatte enorme Auswirkungen und viele Urheber verloren die Kontrolle über die Verbreitung ihrer eigenen Werke. Mit der Reform des Urheberrechts möchte man sich nun an die neuen Gegebenheiten anpassen.

Was ist neu und wer haftet?

Betroffen sind Plattformen mit nutzergenerierten Inhalten, diese können bei Urheberrechtsverstößen Ihrer Nutzer haftbar gemacht werden. Dazu zählen die großen Upload-Plattformen wie Facebook, YouTube und TikTok. Entweder erwerben diese Plattformen entsprechende Lizenzen oder müssen hochgeladene Inhalte, die gegen das Urheberrecht verstoßen, sperren. Zudem haben nun Musiker und Musikerinnen den Anspruch auf eine Direktvergütung.

Kurz: Plattformen wie YouTube können nun für die Inhalte ihrer Nutzer haften.

15 Sekundenregel im Detail

Die hitzige Debatte um “Upload-Filter” hat zu dem Ergebnis geführt, dass man mit der jetzigen Reform das Szenario des “Over-Blockings” verhindern möchte. Es wurde die Gefahr gesehen, dass auch legale Inhalte durch einen Algorithmus blockiert werden und die Meinungsfreiheit dadurch eingeschränkt wird. Daraus ist die Ausnahmeregel der “geringfügigen Nutzung” entstanden.

Nun möchte ich die 15 Sekundenregel im Detail durchgehen und nehme als Grundlage das Statement der Bundesregierung vom 7. Juni 2021 und verwende die bereitgestellten Gesetzestexte des Bundesamtes für Justiz. Hier die 15 Sekunden Regel bzw. Paragraph 10 zur “mutmaßlich erlaubten Nutzungen“:

Die folgenden Nutzungen von Werken Dritter gelten als geringfügig im Sinne des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, sofern sie nicht zu kommerziellen Zwecken oder nur zur Erzielung unerheblicher Einnahmen dienen: 

  1. Nutzungen bis zu 15 Sekunden je eines Filmwerkes oder Laufbildes,
  2. Nutzungen bis zu 15 Sekunden je einer Tonspur,
  3. Nutzungen bis zu 160 Zeichen je eines Textes und
  4. Nutzungen bis zu 125 Kilobyte je eines Lichtbildwerkes, Lichtbildes oder einer Grafik.
Quelle: Bundesamt für Justiz, https://www.gesetze-im-internet.de/urhdag/__10.html

“Mutmaßlich erlaubte” Inhalte sind Inhalte Dritter bzw. fremde Inhalte, dazu zählen Texte, Bilder und Musik, die man nun auf Plattformen mit nutzergenerierten Inhalten verwenden darf. Bei Film- und Tonmitschnitten ist das eine erlaubte maximale Länge von 15 Sekunden. Zudem dürfen die verwendeten Fremdinhalte nicht für gewerbliche Zwecke genutzt werden.

Ausnahme für eine gewerbliche Nutzung bildet die “Erzielung unerheblicher Einnahmen“. Was das genau das bedeutet, wird nicht näher erläutert. Schaltet zum Beispiel ein kleiner YouTuber Werbung vor seine Videos, sind das zwar geringe Einnahmen, bedeutet aber auch eine kommerzielle Nutzung – wo hier die Grenze liegt, werden in Zukunft Gerichte entscheiden müssen.

Wann die Regel nicht gilt

  • Maximal die Hälfte eines Werkes: Die 15 Sekunden-Regel fällt weg, wenn z. B. ein Song nur eine Länge von 10 Sekunden besitzt. Das regelt der Paragraph 9 des UrhDaG. Dieser besagt, dass Du weniger als die Hälfte eines Werkes verwenden darfst. Bei einem Song mit 10 Sekunden Länge wäre als nur die Nutzung von maximal 5 Sekunden gestattet.
  • Werkteile kombinieren, was bedeutet, dass Du den Song nur in Kombination mit eigenen Inhalt kombinieren und hochladen darfst.
  • Wenn es sich nicht um ein Zitat, Parodie oder eine Karikatur handelt. Das regelt der Paragraph 5 des UrhDaG.

Somit ist im Gesamten eine Nutzung nur möglich, wenn Du eine Erlaubnis des Urhebers besitzt, es sich bei dem Song um ein Creative Commons Werk handelt, oder Du den Song im Sinne des Zitatrechts oder als Parodie verwendest.

Wichtig: Dieses neue Gesetz gilt nur für Plattformen mit benutzergenerierten Inhalten. Besitzt Du eine eigene Website und möchtest dort einen Song hochladen, bist Du von dem Gesetz ausgenommen. Hier benötigst Du zur Verwendung von Fremdmaterial (Musik, Bild, Text) in jedem Fall die Erlaubnis des Urhebers, ansonsten stellt das ein Urheberrechtsbruch dar.

Was können Nutzer tun?

Zum einen sollten sich Nutzer und Nutzerinnen sensibilisieren, dass die Verwendung von Fremdinhalten immer eine rechtliche Grauzone bleiben wird. Möchtest Du Musik oder Bilder in Deinem Video, Stream oder Social Media Post verwenden, sei Dir über die Rechtslage im Klaren. Die 15 Sekunden-Regel “erlaubt” Dir zwar die Nutzung von Fremd-Inhalten, aber nur im Sinne des Zitatrechts oder als Bestandteil einer Parodie.

Meine Empfehlung: Besorge Dir, um auf der rechtlich sicheren Seite zu sein, in jedem Fall eine gültige Lizenz oder das Okay des Urhebers. Oder nutze Creative Commons Musik, hier ist oft nur die Nennung notwendig. Andernfalls kann trotz der 15 Sekunden Regel YouTube oder eine andere große Plattformen Deine Videos sperren oder de-monetarisieren, wenn die Plattform selbst über keine Lizenzen verfügt oder der Rechtsinhaber nachträglich Beschwerde einreicht.

Siehe Guidelines von YouTube: https://support.google.com/youtube/answer/2814000?hl=de#zippy=%2Cfolgen-einer-urheberrechtsverwarnung

Fazit: 15 Sekunden Regel – Musik

Die 15 Sekunden Regel ermöglicht Nutzer und Nutzerinnen auf Online-Plattformen für private Zwecke und für Parodien Fremdinhalte zu teilen und zu verarbeiten. Ich finde das im Sinne der Meinungsfreiheit gut. Beachtet man die Diskussionen im Vorfeld, bei der es um Online-Filter und Sperrungen im großen Stil ging, ist das aktuelle Ergebnis ein guter Kompromiss – wenn auch nicht für jeden befriedigend.

Aus der Sicht eines Musikers finde ich es gut, dass man die Rechte von Künstlern schützen möchte. Denn man muss bedenken, dass die Produktion eines Songs eine kreative Leistung darstellt und mit viel Arbeit verbunden ist – daher finde ich diese Regel fair, auch wenn ich mir sicher bin, dass sich das Gesetz weiter verändern muss und wird.

Mehr Infos zum – Urheberrecht – Creative Commons – Musik in Videos

Zusammenfassung Video

Zum Ende möchte ich Dir das Video der Gulden Röttger Rechtsanwälte auf YouTube empfehlen. Hier wird Dir noch einmal das Wichtigste zur 15-Sekunden-Regel in einem Video zusammengefasst.

Du siehst gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicke auf die Schaltfläche unten. Bitte beachte, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen


Buchtipp

in seinem Buch “YouTube vs. GEMA: Musik und Urheberrecht im digitalen Kapitalismus” schreibt Philip Stade über das Urheberrecht in der Musik und wie der Prozess der Digitalisierung dieses verändert. Hier geht es zum Buch!*

Was ist Deine Meinung zur Urheberrechtsreform? Schreibe es mir sehr gerne als Kommentar oder via E-Mail.

Ronald Kah
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7 Comments

  1. Hey Ronald,

    ich versuche mich seit Monaten in dieses Thema einzulesen, verstehe es aber dennoch nicht ganz.

    Es ist so, Instagram war bisher mein Hobby. Ich war angestellt und habe die content creation als Ventil zu meinem Alltag „genutzt“. Jetzt hat sich aber alles insofern geändert, dass ich mich als UGC Creator selbstständig gemacht habe. Was passiert also mit allen vorherigen Posts… Werden die automatisch als „gewerbliche Handlung“ gesehen oder greift da die 15 Sekunden Regel. Außerdem wann ist die Nutzung eines Songs eine Nutzung? Wenn man die Musik hört?

    Da dies ein super undurchsichtiges Thema ist, würde es mich freuen, wenn wir sowas wie Deinen Blogbeitrag hier bspw zusammen in einem LIVE besprechen würden. Das Thema wird bestimmt ganz ganz viele interessieren und bringt vielleicht etwas Licht ins Dunkle.

    1. Hallo Anna,

      danke für Deinen Kommentar. Gerne versuche ich Deine Fragen zu beantworten:

      Was passiert also mit allen vorherigen Posts… Werden die automatisch als „gewerbliche Handlung“ gesehen oder greift da die 15 Sekunden Regel. Außerdem wann ist die Nutzung eines Songs eine Nutzung?

      Das sind zwei Dinge, die unterschiedlich zu betrachten sind:

      Wenn Du Deinen Account nun für geschäftliche Zwecke nutzt und selbstständig tätig bist, gelten alle Deine Beiträge als kommerziell.

      Zum zweiten betrifft die 15-Sekunden-Regel lediglich das Zitatrecht oder den wissenschaftlichen Kontext und ist nicht auf andere Verwendungszwecke anwendbar.

      Außerdem wann ist die Nutzung eines Songs eine Nutzung? Wenn man die Musik hört?

      Eine Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes ist dann der Fall, wenn Du dieses bearbeitest, verbreitest oder veröffentlichst.
      Einen Song anhören ist in diesem Sinne keine Nutzung.

      Ja, Du hast recht, dieses Thema ist sehr komplex.
      Daher empfehle ich, falls Du beabsichtigst einen Livestream zu diesem Thema durchzuführen, einen Rechtsexperten hinzuzuziehen. Dieser kann Dir fundierte Antworten liefern. Ich selbst bin als Künstler kein Experte auf dem Gebiet des Urheberrechts. 🙂

      Musikalische Grüße
      Ronald

  2. Vielen Dank, für die Informationen.
    Ich überlege eine Parodie zu animieren also nehme ich mal an 15 Sekunden, aber nicht mehr wären dann okay?
    Mit freundlichen Grüßen
    Nina

    1. Hallo Nina,

      vielen Dank für Deinen Kommentar und Deine Frage.

      Die 15 Sekunden für eine Parodie können okay sein im Rahmen einer nicht kommerziellen Nutzung und der Veröffentlichung auf Plattformen mit benutzergenerierten Inhalten.

      Musikalische Grüße
      Ronald

  3. Hallo Ronald, erstmal danke für deinen Beitrag. Ich möchte gerne ein Tanzvideo mit alter Musik machen zum Beispiel Glaria Gaynor, BeeGees, Abba, Paul Anker usw. Das Video wird 30 min sein. Wo bekomme ich diese Lieder, ohne Probleme zu bekommen? Bei Soundcloud runterladen und fertig? Oder muß ich jeden Song benennen? Vielen Dank für eine kurze Antwort. Lg Angela Winckelsesser

    1. Hallo Angela,

      vielen Dank für Dein Feedback und Deinen Kommentar.
      Gerne beantworte ich Deine Frage:

      Beim Tanzvideo wird die Nennung bei Verwendung der genannten Songs nicht ausreichen.
      Du benötigst die Nutzungsrechte. Diese solltest Du Dir schriftlich von den jeweiligen Rechteinhabern/Plattenfirmen einholen.
      Da dies eine sehr komplizierte und z.T. teuere Angelegenheit ist, würde ich Dir eher empfehlen für Dein Video auf gemafreie oder kostenlose Musik zurückzugreifen.

      Musikalische Grüße
      Ronald Kah

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