Viele Bands und Chöre sind während der Pandemie auf der Suche nach einer Möglichkeit gemeinsam über das Internet zu proben. Im Folgenden möchte ich Dir Jamulus vorstellen, dass beinahe in Echtzeit Online-Proben ermöglicht.
Was ist Jamulus?
Jamulus ist eine Open-Source Software und somit kostenlos. Das Programm erlaubt Bands- und Chören Online-Proben in Echtzeit durchzuführen. Ein Grund dafür sind sehr niedrige Latenzen und eine sehr hohe Sound-Qualität. Es gibt keine Videoübertragung, aber eine Chatfunktion. Zudem ist die Einrichtung der Software als Sänger – ein grundlegendes technisches Verständnis vorausgesetzt – sehr einfach.
Latenzen
In einem meiner früheren Erfahrungsberichte zum Thema “Online musizieren” habe ich bereits verschiedene Programme zum Online-Jammen vorgestellt. Dabei wurde in den Kommentaren die Problematik der Latenz stark diskutiert. Meine Erfahrungen mit Jamulus, muss ich sagen, sind mehr als positiv. In der Übungssession mit meinem Chor haben wir mit 30 Leuten nahezu in Echtzeit singen können. Es war ein schönes Gefühl und erinnerte an die Zeit vor der Pandemie.
Server einrichten
Es gibt verschiedene Möglichkeiten einen Server in Jamulus einzurichten. Hier findest Du drei Tipps im Überblick:
- Öffentlicher Server: im Programm selbst ist es möglich sehr schnell einem bestehenden Server beizutreten. Hier trifft man hier andere Sänger (oft aus aller Welt), da dieser öffentlich ist und in der Regel nur eine maximale Teilnehmerzahl von zehn bereitstellt.
- Server temporär mieten/nutzen: Einige Anbieter stellen Jamulus Server stundenweise kostenlos oder zur Miete zur Verfügung. Ein Vorteil hierbei ist, dass man sich um die technische Einrichtung keine Gedanken machen muss.
- Eigenen Server mieten: Wenn man professionell oder in einem großen Chor proben möchte, empfiehlt es sich einen eigenen Server anzumieten. Eine Anleitung dazu bietet die Website von Jamulus selbst. Einfach folgende Schritte abarbeiten.
Als Sänger nutzen
- Das passende Equipment besorgen: ein LAN-Kabel*, Kopfhörer, Mikrofon sowie ein Interface.
- Dann Jamulus für das jeweilige System (Mac, PC, Linux) von jamulus.io downloaden und installieren.
- Darauf achten, dass alle Software-Anwendungen geschlossen sind – das Programm benötigt vollen Zugriff auf die Soundkarte.
- Jamulus starten, das eigene Profil einrichten und danach die passende Soundkarte auswählen.
Probleme
Wie bei anderen Programmen, kann es auch bei Jamulus zu Problemen bei der Übertragung kommen. Beispielsweise kann die Latenz zu stark sein, wenn die Puffergröße zu hoch eingestellt ist – dann verringern. Zudem kann die Übertragung verzögert sein, wenn zu viele der Teilnehmer nur WLAN statt ein LAN-Kabel verwenden, der Server nicht im eigenen Land steht oder der Ping durch diverse Umstände, wie schlechtes Internet, zu hoch ist.
Fazit
Ich kann Jamulus uneingeschränkt empfehlen. Es ist zum einen kostenlos und zum anderen mit Abstand das beste Online-Tool, was ich bisher für Online-Proben getestet habe. Vorraussetzung ist ein guter Server, eine aktuelle Technik sowie eine gute Internetverbindung (am besten mit einem LAN-Kabel*).
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Hallo, Herr Kah,
der Theorie nach stimmt es, daß ein WLAN zusätzliche Latenzen macht. Allerdings sind die nicht sonderlich groß:
Ich habe folgendes miteinander verglichen (im Einfamilienhaus mit aufgelockerter Bebauung, momentan ist nur unser WLAN vorhanden und nicht viele benachbarte, wie sonst oft): min, Mittelwert, max [ms], stdev
1. Pingzeiten zum Router mit LAN-Kabel: 0.387/0.491/1.223/0.131 ms
2. Pingzeiten zum Router mit WLAN, direkt neben dem Router: 1.410/1.710/3.813/0.320 ms
3. Pingzeiten aus Nachbarzimmer mit LAN-Kabel vom Rechner zum WLAN-Repeater: 1.921/2.596/8.495/0.760 ms
Man sieht schon Unterschiede, aber die sind völlig unbedeutend: 2 ms entspricht 70 cm Schall-Laufzeit in Luft! Und der Jitter ist unter 1 ms – also auch unbedeutend!
Bei Chormusik müßte man mit 50 ms noch zurechtkommen!
Große Orchester sitzen bis zu 20m auseinander, allerdings sehen die ihren Dirigenten. Aber das Publikum erlebt solche Laufzeitdifferenzen.
Witzigerweise verweigert Jamulus auf manchen Rechnern (z.B. auf meinem Raspberry Pi) Jamulus-Verbindungen über WLAN. Wenn ich dann aber ein LAN-Kabel zum WLAN-Repeater nehme (da ist auch eine WLAN-Strecke dabei), dann funktioniert Jamulus.
Möglicherweise ist in machen Jamulus-Versionen eine Sperre, die den Dienst per WLAn ganz blockiert. Auf einem Laptop habe ich ein (selbst, aber aus unverändeten Quellen compiliertes) Jamulus, das (unter den Bedingungen meines sehr guten und ungestörten WLANs) funktioniert. Eben habe ich Jamulus als Paket auf einem ähnlich starken Laptop insntalliert: da geht es wieder nur mit LAN und nicht mit WLAN.
Viele Grüße
Adalbert Hanßen
Hallo Herr Hanßen,
vielen Dank für diese wertvollen Informationen.
Ich hätte noch eine Sache hinzuzufügen. In den letzten Monaten von Online-Chorproben habe ich die Erfahrung gemacht, dass es weniger darauf ankommt ob jemand LAN oder WLAN nutzt, sondern dass im Allgemeinen die Teilnehmer über stabile Internetverbindungen verfügen. Auch spielt die Größer der Teilnehmerzahl an der Session eine Rolle und ob der ausgewählte Server schnell genug ist.
Viele Grüße
Ronald Kah